Hallo ihr Lieben,
Lange habe ich nichts von mir hören lassen und das tut mir
leid. Aber mit jedem Monat den ich hier
lebe scheint die Zeit schneller zu vergehen. Jede Woche ist schneller vorbei,
als die vorherige- gefühlt. Die
Wochenenden hatte ich bislang hauptsächlich zum entspannen von der Arbeit und
zum Blog schreiben, Kontakt nach Hause pflegen, oder das Bischkeker Nachtleben
genutzt. Die letzten drei Wochenenden
jedoch waren gut gefüllt mit Ausflügen und Wanderungen.
1.Buranaturm und Tokmak
Ich hatte schon befürchtet ich müsste mich wegen all des
Schnees und der Kälte für die nächsten Monate in meiner Wohnung verkriechen und
könnte jegliche Ausflüge oder Wanderungen erstmal vergessen- aber da habe ich
nicht mit Kirgistans extremen Wetterschwankungen gerechnet. Nachdem ich mich letzten Monat gut auf dem
Basar mit dicken Wintersachen eingekleidet hatte und mich mental schon fast mit
dem frühen Winter abgefunden hatte, machten die Gradzahlen nochmal eine
Kehrtwende von -5 zu bis zu +18 Grad. Ideal für den Ausflug zum historischen
Burana Turm und der nahe liegenden Stadt Tokmak, was ich schon seit längerem
vor mir hergeschoben habe.
Um leicht aus Bischkek rauszukommen muss man sich einfach
nur auf die Suche nach dem West-bzw wie in unserem Fall nach dem Ostbahnhof
machen. Für mich war es das erste Mal, dass ich den Osten der Stadt Bischkek zu
sehen bekam. Ich konnte kaum glauben, dass das immernoch das Bischkek war. Die
ganze Atmosphäre wirkte auf mich wie ein vollkommen anderer Ort. Warum fällt
mir schwer zu beschreiben. Besonders in Erinnerung gelieben ist mir vor allem
ein orientalisch wirkender Bazar, in dessen Mitte sich einfach eine Moschee
befindet. Während ich also meine Einkäufe erledigt habe, den Muezzin höre, sehe
ich aus dem Augenwinkel wie einige Männer sich zum Beten hin knien, im
meditativen Rhythmus wieder aufstehen-hinsetzen-aufrichten und dabei vollkommen offensichtlich zu mir
herüber starren.
Am Bahnhof angekommen treffe ich meine Mit freiwilligen, die
mich auf dem Ausflug begleiten. Eine große Gruppe touristisch ausschauender
Mädchen(und ein Junge), das ist ein vielversprechendes Geschäft für die meisten
Maschrutka Fahrer, die dort am Busbahnhof Ost auf Kundschaft warten. Also
verhandeln wir ein bisschen und ruck zuck geht’s innerhalb einer Stunde
Fahrtzeit auf kirgisisch-ruckeligen
Straßen zum Burana Turm. Der Burana Turm ist ein Mausoleum und als einziges
Überbleibsel einer wichtigen antiken Stadt auch ein Touristenanlockendes
Denkmal .
Als ich aus der Maschrutka den Turm zum ersten Mal erblicken
kann muss ich lachen. Er sieht bei weitem nicht so spektakulär aus, wie von
diversen Leuten und Reiseführern beschrieben. Dafür staune ich nicht schlecht,
als ich mich die verdammt enge, flache und vorallem stockdunkle Wendeltreppe
herauf quäle. So etwas würde es in Deutschland allein aus Sicherheitsgründen
niemals geben, denke ich noch, da
erreiche ich schon den Ausgang und freue mich über die Aussicht. Nach einer Stunde touristisch obligatorischem
„umgucken“ und „total-interessiertem-rumlaufen“
überwiegt der Hunger und wir entscheiden uns eine Maschrutka nach Tokmak
zu nehmen(15Km vom turm entfernt). Die Stadt wirkte auf mich derart trostlos
und geisterhaft, dass wir nicht mal eine Möglichkeit zum Essen finden konnten
und letztendlich nach langem rumfragen und suchen mit leerem Bauch zurück nach
Bischkek fahren mussten.
2. Manassozialdorf und wie ich zum ersten Mal eine Kuh
gemolken habe
Nachdem Wochenende in Tokmok erfuhr ich sehr spontan, das
wir ein langes Wochenende haben würden, da Montag Feiertag wäre. Kurzerhand
entschieden meine Mitbewohnerin Diana und ich uns also unsere deutschen Mit
freiwilligen auf dem Land zu besuchen und den Bergen mal wieder näher zu
kommen. Das Manassozialdorf, ist wie in
einem früheren Blogeintrag erwähnt eine Lebensgemeinschaft, in der Menschen mit
Behinderung ein betreutes gemeinschaftliches Leben führen. Außerdem wird seit
kurzer Zeit eine eigene Landwirtschaft aufgebaut.
Für gerademal 55 Som (75 cent) kamen wir mit einer
Maschrutka bis Murake, dem winzigen Dörfchen, in dem sich die Wohngemeinschaft
„Manas“ befindet (eine gute Stunde von Bischkek entfernt). Sehr herzlich wurden
wir von den Betreuten dort empfangen. Wenig später spazierten wir mit zwei der
Betreuten und einer Freiwilligen in der Wohngemeinschaft durch die Dorflandschaft. Russlan, ein
Betreuter, der jeden im Dorf kennt und den Kontakt stetig pflegt ließ es sich
nicht nehmen von seinen paar Som, die er in der Hosentasche hatte drei
Kaugummis zu kaufen, die er uns schenkte- für ihn selbst hatte es nicht mehr
gereicht. Dieses Geschenk war derart authentisch und herzlich, dass ich es so
schnell wohl nicht vergessen werde. Alle Menschen, die wir auf dem Weg trafen,
kannten Russlan und waren sehr neugierig auf uns drei Deutsche. Drei Frauen
schenkten uns Nüsse und Kekse, ein Mann versuchte vergeblich uns Drogen anzudrehen
und eine Mitarbeiterin der Lebensgemeinschaft lud uns spontan zu Tee ein. Pünktlich um 18 Uhr mussten wir jedoch zurück
sein, um die Kühe zu melken. Ich ließ mir von Russlan erklären was ich zu tun
habe und gab mein bestes um wenigstens ein achtel des Eimers zu füllen-
DEFINITIV NICHT EINFACH! ! Anschließend
wurde gemeinsam zu Abend gegessen, was ebenfalls in einer sehr gemütlich
familiären Atmosphäre stattfand.
Am nächsten Morgen war ich dann erst einmal durchgefroren-
und das trotz Schlafsack, drei Pullis, Dicker Hose, Strümpfen und Mütze!
Nach einem gemeinsamen Frühstück, dass zwar sehr bescheiden,
aber dafür mit frischer, selbstgemolkener Kuhmilch eingenommen wurde, wollten
wir (Diana Lena und ich) zügig zum Wandern in die Berge aufbrechen. Ohne große Probleme fanden wir
eine Mitfahrgelegenheit ins „Outback“. Da standen wir also: Rechts, links und
vor uns nichts als schneebedeckte Berge. Fröstelnd und etwas orientierungslos
liefen wir dann einfach mal drauf los. Gar nicht so einfach, wenn man noch die
ausgeschilderten Wanderwege aus dem Odenwald gewöhnt ist, sich ohne weiteres darauf
einzulassen ohne Wege, ohne Menschen weit und breit wild drauf los zu laufen. Andererseits
war es auch sehr befreiend zu wissen, dass man den Weg voll und ganz selbst
bestimmen kann. Für uns war nur klar: NACH OBEN! So wurde das laufen bald zum
kraxeln und das kraxeln stellenweise zum klettern. Die
eisige Kälte vom Anfang war bald vergessen, als wir schwitzend und außer Atem
den Bergkamm erreichten. Ein unbeschreibliches Gefühl: rechts und links den bergigen Abgrund zu
erblicken, Kilometer weite Ferne, und vor allem weit und breit keine Spur von
Menschen. (auf dem Rückweg trafen wir zugegebener maßen einen Hirten, der in
einer Hütte in den Bergen wohnt..) Abends
kamen wir mit Bergluft gefüllten Lungen, und einer Erinnerung an wundervolle
Menschen zurück nach Bischkek, wo wir uns mit dem deutschen Vizebotschafter zum
Essen gehen trafen- WAS EIN WOCHENENDE!
3.) In 20 Minuten out of Bischkek
Ich verlasse das Haus, nehme eine Maschrutka, fahre 20
Minuten- bis zur Endstadion- und bin raus aus dem Plattenbau-Smog-Ambiente! Wieder eine kleine Wanderung- auf so einfache
Weise, fernab von jeglichen Wegen: Einfach nur laufen, wohin es mich treibt. So
bekomme ich erneut eine wunderschöne Aussicht, sowie das Gefühl meine eigenen
Wege, frei von vorgefertigten Trampelpfaden, gehen zu können. Es fühlt sich gut an zu wissen, wie schnell
ich der Stadt und den Menschenmassen entfliehen kann- denn Bischkek ist definitiv
größer und überfüllter als ich mir in Deutschland ausgemalt hatte.
Nun ist der Artikel sehr lang geworden und ich hoffe euch
nicht damit gelangweilt zu haben. Ich möchte nochmal anmerken: Ich kann nicht
über alles im Detail schreiben. Ich versuche euch nur einen guten Eindruck von
meinem Leben hier zu vermitteln und möchte betonen, dass sich meine Beiträge
auf persönliche Wahrnehmung meinerseits beziehen und keinesfalls als allgemeingültige
Tatsache gewertet werden kann.
Morgen wird’s übrigens wieder kalt..diesmal meint es der
Winter dann wohl ernst…
Vielen Dank fürs Lesen und Unterstützen und Ganz liebe Grüße
Eure Lissa!
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